Der Ultrakurztrip: BRE-FMO mit AIS 903Seit November 2013 bereichert die niederländische AIS Airlines den Verkehr am FMO mit ihren 19sitzigen Jetstream 32. Zunächst wurde ein doppelter Tagesrand nach STR eingeführt, seit Januar 2014 geht es einmal pro Werktag auch nach ZRH ab hier. Seit dem 22. April 2014 bietet AIS neu auch drei Umläufe pro Tag zwischen BRE und ZRH an, der Mittagsumlauf stoppt unterwegs am FMO und ersetzt so den FMO-ZRH-FMO Umlauf der hier stationierten Maschine um somit die Auslastung zu erhöhen (mehr dazu später…) Der Clou dabei: Auch das gerade einmal 126km kurze Teilstück zwischen BRE und dem FMO wird dabei verkauft - zum Einstiegspreis von ca. 80 EUR all-in. Im Vergleich zu den anderen Strecken auf denen der günstigste Preis bei ca. 200 EUR one-way liegt ist das also ein verlockendes Angebot für Freaks wie mich, die bislang noch keine Gelegenheit hatten mit einem 25 Jahre alten 19-Sitzer zu fliegen. Ohne Autopilot. Ohne Cockpittür. Meine Freundin wollte auch gerne mit und so buchte ich mit nur 12 Tagen Vorlaufzeit BRE-FMO für uns beide.
Los ging es Montagmorgen kurz vor 08:00h am Münsteraner Hauptbahnhof.
Der IC der Deutschen Bahn brachte uns absolut pünktlich in 76 Minuten zum Bremer Hbf.
Vom Hbf aus fährt die Straßenbahn der Linie 6 in ca. 15 Min zum Flughafen. Wir stiegen in der Stadt aber noch ganz kurz aus um schnell ein paar Schnappschüsse zu tätigen.
Dann ging´s weiter zum Airport wo wir ca. zwei Stunden vor Abflug ankamen. AIS bietet keinen OLCI, also kurz zum Check-In Schalter vor Ort, welcher aber noch unbemannt war. Ein guter Zeitvertreib ist natürlich immer eine kostenlose Zuschauerterrasse, leider hat sich diese in BRE seit meinem letzten Besuch sehr zum negativen verändert: Die Terrasse wurde auf ein Drittel ihrer ursprünglichen Größe reduziert, das verbleibende Drittel mit Glasscheiben versehen und die ehemals ausgestellte VFW 614 wurde auch entfernt und steht nun kaum sichtbar auf einem entfernten Vorfeld.
Die JU-52 der Lufthansa Traditionsflug führte gerade Rundflüge durch.
Air France aus CDG, durchgeführt von einer Embraer 170 der noch recht jungen Tochter HOP!
Der Spruch könnte auch von mir stammen…
Ein Blick auf die Ankunft/Abflug Bildschirme kündigte eine 20minütige Verspätung des AIS Fluges aus ZRH an, somit war klar, dass auch unser Flug kaum pünktlich gehen würde.
Aber wir hatten ja noch gar nicht eingecheckt. Also wieder hinunter zum Counter 14 wo diesmal eine Dame hinter dem Schalter saß. Auf ihre Frage „Nach Zürich?“ konnte ich leider nur antworten „Naja, nicht wirklich; aber nach Münster“. Überhaupt war offensichtlich, dass das kurze Teilstück zwischen BRE und FMO nicht so richtig offiziell als Strecke angesehen wurde, denn auf allen Monitoren stand immer nur Zürich. Niemand erwartet eben, dass jemand so beknackt ist und eine kurze Nord-Süd Durchquerung des westlichen Niedersachsens per Flugzeug durchführt. Auf meine Frage, ob Sitzplätze vergeben würden oder ob es Free Seating an Bord gäbe, erhielten wir die Antwort „Sie sind eh nur drei Passagiere – da sitzt jeder wo er möchte“. Wow. Drei Passagiere? Also meine Freundin, ich und ein weiterer Passagier? Es würde also auch der leerste kommerzielle Passagierflug werden an dem ich je teilgenommen habe. Dann wurde noch unser Handgepäck gewogen, das ist sofern ich mich erinnere auch noch bei keinem meiner Flüge vorgekommen, aber sicherlich der Größe der Maschine geschuldet. Nachdem wir unsere Bordkarten erhalten hatten, konnte das Personal den Schalter beruhigt räumen – es waren ja nun alle drei Passagiere eingecheckt.
Die Sitzplatznummern konnte man wie gesagt ignorieren. Nach einer kurzen Stärkung bei Kamps begaben wir uns schließlich durch die Security in den Sicherheitsbereich. Dies sollte man in BRE auch nicht zu früh machen, denn dort gibt es quasi nichts außer Sitzgelegenheiten und einem kleinen Duty Free Shop.
Gate H – woanders werden Gates ja eher mit Zahlen bezeichnet.
Werbung für BRE-ZRH
Nachdem Germania nach FUE geboardet hatte, befanden sich nur noch die Passagiere von AIS 903 im Warteraum. Diese Leere im Gebäude führte dann auch noch dazu, dass wir von einem Sicherheitsmann gefragt wurden, wo wir denn hinwollten…“Nach Münster!“…“Nach Münster?!“ …“ja, also das ist der Flug nach Zürich“. Wie gesagt…
Gegen 1130h traf endlich die verspätete AIS 902 aus ZRH in BRE ein.
Es wurde kurz getankt, dann durften wir boarden. Auf dem Weg zum Gate witzelte dann der einzige andere Passagier zu uns „Immer den Menschenmassen hinterher“ und die Gate Agentin (die uns auch eingecheckt hatte) merkte an „Mensch, das wird ja ein Privatflug!“. Per Bus wurden wir zur wartenden LN-FAN gebracht; Copilot und "Stewardess" hatten sich zur Begrüßung neben der Tür aufgestellt.
Montag, 28. April 2014
Routing: Bremen (BRE) - Münster/Osnabrück (FMO)
Airline: AIS Airlines
Flight No.: IS 903
A/C: BAe Jetstream 32EP (built 1989)
Reg: LN-FAN
STD 1145 / ATD 1200 / Airborne 1206
STA 1210 / Touchdown 1228 / ATA 1230
Seat: 2A (Window)
Der andere Fluggast fragte uns in Bezug auf die Sitzplätze „Wer will wo?“ und ich entschied mich für 2A um eine möglichst gute Sicht ins Cockpit zu haben, außerdem sind die „A“ Sitze sowohl Fenster-, als auch Gangsitze durch die 1-2 Bestuhlung in der Jetstream. Meine Freundin wählte 2C, der andere Gast 5B und die Stewardess nahm auf dem B-Sitz der letzten Reihe platz. Für Flugzeuge bis 19 Plätze gelten ja einige Ausnahmen, so z. B. ist eine Cockpittür nicht vorgeschrieben und auch eine Flugbegleiterin ist rechtlich nicht nötig und AIS beschäftigt daher keine. Um an Bord dennoch Service bieten zu können, fliegen stattdessen Check-In Mitarbeiter der Flughäfen BRE bzw. FMO mit, die dann aber natürlich keine sicherheits- bzw. flugbetriebsrelevante Funktion an Bord erfüllen. Die Sicherheitseinweisung erfolgte dementsprechend durch den Copiloten. Er stellte sich vorne in den Gang, begrüßte uns herzlich an Bord, stellte die Crew vor und erklärte uns kurz das übliche zu Sauerstoffmasken, Schwimmwesten & Co. Die Einweisung erfolgte übrigens ausschließlich auf Englisch. Die Flugzeit nach Münster wurde mit ca. 30 Minuten angekündigt. Und hier habe ich eine kleine Anmerkung: Der Flug wurde uns verkauft mit einer Blockzeit von nur 15 Minuten (1145h bis 1200h) und soweit ich gesehen habe, wird er immer noch so verkauft. Wie ist man bloß auf diese Zeiten gekommen? Die reine Flugzeit hätte dann ja maximal 10 Minuten betragen dürfen. Der FMO zeigt die geplante Ankunftszeit nun auch mit 1210h statt 1200h was immer noch sportlich aber schon realistischer ist. Wie dem auch sei, mit 15 Minuten Verspätung rollten wir schließlich los in BRE. Wie gehofft, blieb der Vorhang zum Cockpit den gesamten Flug über offen!
Die Sicht von 2A
Und die Sicht von 2C. Für Overhead-Bins ist, wie man sieht, natürlich kein Platz.
Um 1206h katapultierte sich die kleine Jetstream in den Himmel über Bremen. Die Maschine ist schon ganz schön laut muss man sagen. Nun haben wir natürlich auch sehr nah an den Motoren gesessen, aber ich bezweifele, dass es weiter hinten wesentlich leiser ist.
Die seitlichen Fenster haben eine gewisse Blautönung. Dies mag für den Geschäftsreisenden als Sonnenschutz hilfreich sein, zum Fotografieren ist dies aber nicht gerade von Vorteil.
Die Sicht nach vorne.
Nachdem die Anschnallzeichen erloschen waren, kam die „Flugbegleiterin“ zu uns nach vorne und verteilte aus einem Korb – passend zu einer niederländischen Fluggesellschaft – Stroopwaffeln.
Eine schöne Überraschung, ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass es auf dem kurzen Teilstück überhaupt irgendetwas geben würde. Sie sagte dann noch so etwas wie „den Service und die Getränke gibt´s nach Münster“ – man kann also wohl annehmen, dass es auf dem Weiterflug vom FMO nach ZRH dann regulären Service mit Sandwich o. ä. plus Getränke gibt. Wie gesagt, wer kann schon damit rechnen, dass es wirklich Verrückte gibt, die in BRE einsteigen und nicht nach ZRH fliegen, sondern schon beim Zwischenstopp am FMO wieder aussteigen.
Safety-Card mit individueller Registration
Anweisungen in norwegisch auf den Rückenlehnen.
LN-FAN hat den größten Teil ihres nunmehr 25jährigen Flugzeuglebens in Norwegen, u. a. bei Helitrans verbracht. AIS Airlines betrieb bis Februar 2014 die Strecke Trondheim-Molde im norwegischen Inland im Auftrag der Krohn Air, welche aber nun scheinbar den Betrieb eingestellt hat. Weiß zufällig jemand, warum die Maschine aktuell mit norwegischer Registration betrieben wird?
Mit 240 Knoten nährten wir uns Greven.
Auf flightradar24.com war der Flug nicht komplett zu verfolgen, aber immerhin zum größten Teil.
Nach exakt 22 Minuten in der Luft setzten wir am FMO auf, wo richtig fieses Wetter herrschte; in Bremen war es doch deutlich netter gewesen. Als die Triebwerke abgestellt waren und der Copilot aufstand, kletterten auch wir aus der Maschine heraus und verabschiedeten uns vom anderen Fluggast und der „Stewardess“. Letztere fragte noch ganz entsetzt: „Ach, sie steigen hier aus!?!“ Der Copilot fragte daraufhin, ob wir noch Handgepäck abgegeben hätten (Antwort: „No, that´s all“) und schon war unser Ultrakurztrip auch beendet. Auf dem Weg zur Zuschauerterrasse versuchten wir noch zu sehen, wie viele Passagiere denn nun am FMO zusteigen würden. Tja, soweit man das ausmachen konnte, saß in dem Bus zum ZRH-Flug genau ein Passagier. Mit dem an Bord gebliebenem Gast aus BRE also insgesamt zwei Passagiere auf FMO-ZRH. Natürlich kann man von einem einzelnen Tag nicht auf die generelle Auslastung schließen, aber ich kann mir dennoch nicht vorstellen, dass diese Mittagsflüge auf Dauer Sinn machen. Die Flugzeiten sind einfach unattraktiv für Geschäftsreisekunden. Ab Ende Mai kommt ja noch Dresden ab FMO als neues Mittagsziel hinzu. Ob das laufen wird? Bei den Tagesrandverbindungen zwischen BRE und ZRH bzw. FMO und STR dürfte die Auslastung ja wenigstens etwas besser sein.
Dann rollte LN-FAN ab zum Weiterflug nach ZRH.
Leider nicht ganz pünktlich
Und auch wir verließen den FMO - mit dem 1305h Bus der Linie S50 Richtung Münster Hbf.
Abschließend muss gesagt werden, dass AIS Airlines ein sehr schönes Nischenprodukt bietet. Man bedient Routen, die die großen Airlines mangels passendem Fluggerät nicht bedienen können oder wollen, die für die lokale Wirtschaft aber dennoch von Wichtigkeit sind. Der Service ist aufgrund der kleinen Maschinen zwangsläufig sehr persönlich. Ich freue mich, dass es heute noch solche Nischenanbieter gibt, sonst gäbe es zum Beispiel am FMO noch weniger Linienflüge als so schon. AIS hat zudem den Vorteil, dass sie gleichzeitig eine relativ große Flugschule betreibt, mit der sie die Linienflüge quersubventionieren kann. Und ganz so schlecht kann es nicht laufen, denn ab September wird in BRE eine zweite Maschine stationiert um bis zu dreimal werktäglich nach NUE zu fliegen.
So, falls ihr es geschafft habt bis hierhin zu lesen, dann vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Über jegliche Kommentare, Fragen und Anregungen freue ich mich sehr!
Zuletzt geändert von AB6464 am 2. Mai 2014, 23:43, insgesamt 1-mal geändert.