5. Apr 2011, 15:12
Zwischen New York und Vancouver lag natürlich zunächst noch der Besuch der amerikanischen Hauptstadt – und somit war die Ankündigung des Kanada-Berichts noch ein wenig voreilig.
Am Donnerstagnachmittag ging es von JFK Richtung Washington Dulles International. In erster Linie liegt der Wahl des Zielflughafens eine Fehlplanung meinerseits zu Grunde. Er liegt recht weit außerhalb und hätte deshalb für den Hinflug eigentlich nur zweite Wahl hinter dem etwas teureren, aber auch deutlich stadtnäher gelegenen Reagan Airport sein sollen. Aber nun gut: die Flugdaten.
DL 4105
JFK-IAD
15:50-17:20 (17:15-18:00)
10. März 2011
N839AY (CRJ-200)
opb Pinnacle Airlines/Delta Connection
Bereits beim Einchecken kündigte man uns eine wetterbedingte Verspätung von etwa einer halben Stunde an. OK, dachte ich, setzt man sich halt irgendwo hin und liest was. Dumm nur, dass aus der knappen halben Stunde am Ende deutlich über eine Stunde wurde und im erweiterten Umkreis unseres Gates kein freier Sitzplatz auszumachen war. Auf dem Bildschirm am Gate konnte man sich die Wartezeit damit vertreiben, zu beobachten, welcher Flug nach New York als nächster ausfallen würde und der Nervenkitzel, zu hoffen, dass der eigene Flug nicht auch jeden Moment auf der bösen Liste auftauchen möge, war kostenfrei inklusive. Naja, irgendwann bequemte sich unsere CRJ-200 dann doch ans Gate und der Startzeitpunkt war nun doch absehbar.
Das Boarden begann dann auch recht zeitnah und so kamen wir immerhin schonmal an einen Sitzplatz – im Flugzeug. Auch hier mussten wir uns noch ein wenig gedulden, da die Herren Lader sich mit allem beschäftigten, außer mit den Koffern, die derweil vor dem Flugzeug im Regen standen. Irgendwann hatte es dann auch der letzte Koffer ins Flugzeuginnere geschafft und der Flug konnte beginnen.
Dass es auf einem solchen Flug nur eine Flugbegleiterin gibt ist nichts Neues. Unserem Exemplar war aber obendrein noch anzumerken, dass dies der letzte Flug ihres Tages war. Und so beschränkte sie sich darauf, unverständliche Sätze ins Bordmikro zu brüllen und daraufhin möglichst schnell die Getränke und einen Snack (Minibrezeln) an den Mann und die Frau zu bringen. Wer will es ihr verübeln…
Erstaunlicherweise bot dieser CRJ auch ein IFE auf. Es bestand zwar nicht auch Filmen, Musik und Spielen, sondern aus einigen netten Turbulenzen (die wohl auch der Grund für die Verspätungen und Flugausfälle waren), die den Flug immerhin zu einer etwas spannenden Angelegenheit machten.
Im Flugzeug und im Zug zur Gepäckausgabe wurde am Ende lustiger Weise noch durchgesagt, dass das Gepäck auf Gepäckband Nummer elf ankommen würde. Und auch der Bildschirm an der Gepäckausgabe verlautbarte eben Jenes. Als dann alle Paxe im Kollektiv grob geschätzte 20 Minuten an Band elf gewartet hatten, wies ein freundlicher Flughafenmitarbeiter darauf hin, dass die Koffer aus New York an Band 13 seien. Inzwischen stand Band 13 schon wieder und der Herr hatte die Koffer auch schon fein säuber daneben aufgereiht – anstatt früher Laut zu geben…
So.
Wie ich einleitend schon anklingen ließ, war ich 2008 im Rahmen eines Schüleraustauschs bereits ein paar Tage in Washington. Die Stadt hat es mir damals angetan – auch und gerade weil sie so überhaupt nicht amerikanisch ist. Washington wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts gegründet und war von Anfang an als Hauptstadt der Vereinigten Staaten geplant. Und das schlägt sich natürlich auch in der räumlichen Planung der Stadt nieder.
Das Bild Washingtons ist in erster Linie geprägt von der National Mall und den zu ihr gehörenden Denkmälern, Regierungshäusern und Museen.
Auch in Washington empfing uns zunächst regnerisches und kaltes Wetter. Immerhin fanden wir gleich einen Taxifahrer, der uns in die Stadt fahren wollte und sich auch noch auf einen einigermaßen annehmbaren Preis runterhandeln ließ. Es ging ins „Holiday Inn Resorts Capitol“, welchen sehr zentral direkt hinter dem „Air & Space Museum“ an der National Mall gelegen ist. Da es inzwischen draußen stockduster war ging es nur noch kurz auf die Suche nach etwas Essbarem. Bei diesem ersten kurzen Spaziergang durch die Stadt musste ich feststellen, dass zu dieser Jahreszeit die Bürgersteige spätestens um 18:00 Uhr hochgeklappt werden und danach keine Menschenseele mehr unterwegs ist – vor allem nicht bei dem zu dem Zeitpunkt vorherrschenden Dreckswetter. Eine Burgerschmiede in unserer Straße hatte dann dankenswerter Weise doch noch auf und so gab es heute gesundes Abendessen auf amerikanische Art.
Genug geklagt, der nächste Morgen stand vor der Tür und das Wetter wurde auch erträglicher. Geplant war für diesen Tag – sollte es in Washington anders sein – ein Streifzug durch die National Mall mit allem, was dazu gehört. Nach einem ausgiebigen, diesmal leider nicht im Übernachtungspreis enthaltenen Frühstück stapften wir los, links am Air & Space Museum vorbei Richtung Lincoln Memorial am westlichen Ende der National Mall. Auf dem Weg passiert man zunächst nur riesige Museumsbauten, aber auch die Smithsonian Institution mitsamt ihrem optisch herausstechenden Gebäudetrakt.
Nächster Point of Interest ist das Washington Monument, ein weißer Marmorturm, der zu Ehren George Washingtons genau auf der Achse zwischen Kapitol und Lincoln-Denkmal gebaut wurde.
Hat man das Monument umrundet schließt sich direkt das „World War II Memorial“ an…
…gefolgt vom Vietnam Veterans Memorial…
… und, nach einer scharfen Linkskurve, dem Korean War Veterans Memorials.
Hat man sich durch die zum Teil recht dichten Menschenmassen gekämpft – zum Großteil bestehend aus Schülern, denen ein wenig amerikanischer Geschichte eingetrichtert werden soll – steht man endlich vor dem recht beeindruckenden Bau des Lincoln-Denkmals. Eine große Statue (weißer Marmor) des 16. Staatsoberhauptes der Vereinigten Staaten thront im Inneren des Gebäudes (ebenfalls weißer Marmor), sodass sich alle, die es wünschen, lustig mit ihm abbilden lassen können.
Leider ist Washington zu dieser Jahreszeit eine einzige Baustelle. Alles, was über den Winter angefallen ist, wird nun gerade gerückt, bevor die großen Touristenmassen zum Kirschblütenfest in die Stadt drängen. Leider war unter anderem auch der "Reflection Pool" in Bearbeitung, in dem sich aus dieser Perspektive normalerweise das Monument spiegelt:
Nun standen wir vor der Wahl, entweder das am anderen Ufer des „Tidal Basin“ genannten kleinen Sees befindliche Jefferson Memorial, oder den auf der anderen Seite des breiten Potomac-Rivers platzierten Arlington-Nationalfriedhof, aufzusuchen. Da ich aus eigener Anschauung weiß, dass das Jefferson Memorial in etwa das Lincoln-Memorial in rund ist, fiel die Entscheidung auf den Friedhof. Zu Fuß überquerten wir also die Brücke über den Potomac…
… und schritten durch die Besuchereingangshalle hindurch auf den Friedhof, auf dem seit der Eröffnung 1864 über 260000 Beerdigungen stattfanden.
Unter anderem liegt hier auch John F. Kennedy samt Familie begraben.
Auch wenn folgender Aspekt auf einem Friedhof eigentlich nebensächlich sein sollte, lässt er sich doch nicht unterschlagen: auch die schöne Sicht auf die Stadt und der ein oder andere Blick auf das an das Friedhofsareal angrenzende Pentagon waren für mich durchaus Beweggründe, den Friedhof ein zweites Mal zu besuchen.
Ansonsten ließe sich, wenn gewünscht, auf dem höher gelegenen Teil des Friedhofs auch eine Wachablöse bestaunen. Bei klarem Verstand und geregeltem Alkoholgenuss kann dieser Vorgang aber kaum euphorisieren und so sparten wir uns den Weg dorthin. Stattdessen konnte man auf dem Weg zurück Richtung Eingang noch einen Blick auf ein kurz bevorstehendes Begräbnis eines (so mein Tipp) gefallenen Soldaten erhaschen.
Zurück Richtung Stadt ging es dann per U-Bahn, die in Washington unfassbar gepflegt und sauber ist. Ausgestiegen wurde an der Smithsonian Station, nach deren Erreichen die Weiterfahrt der U-Bahn keinen wirklichen offensichtlichen Sinn ergibt, da alle Passagiere die Bahn hier (meist aus touristischen Zwecke) verlassen. Nur die Wenigsten fahren ab hier noch weiter, auch deshalb, weil der Weg der Bahn ab hier in den bei unserer Schülerreise damals verbotenen Stadtteil führt. Auch unser Taxifahrer vom Vorabend hatte uns vor dem Betreten dieser Gegend gewarnt. Wir haben es dann auch unterlassen, den Grund der Warnungen aufzuspüren.
Stattdessen begaben wir uns Richtung Kapitol, ich schoss das ein oder andere Foto…
…und die Reise führte uns weiter gen Weißes Haus. Dieses liegt nördlich der Mall grob auf Höhe des Monuments. Bei meinem ersten Besuch 2008 konnte man direkt an den südlichen Zaun des Weißen Hauses ran und durch diesen Fotos vom Objekt der Begierde machen. Dies ist nun nicht mehr der Fall. Bereits auf der anderen Seite der am Zaun entlangführenden Straße ist Ende im Gelände und somit sind nur noch Bilder des Weißen Hauses mit Zaun und Polizeiabsperrungen möglich – ob dauerhaft oder nur vorübergehend weiß ich nicht.
Danach ging es zurück zum Hotel. Ich hatte den Plan, am Abend noch Fotos vom Kapitol zu machen und so war es durchaus ratsam, sich vorher ein wenig aufzuwärmen.
Wie gesagt, so getan: mit Einbruch der Dunkelheit wurden Stativ und Kamera eingepackt und der Weg führte (dieses Mal rechts vorbei am Air & Space Museum) in Richtung des in der Nacht strahlend weißen Kapitols – im Übrigen der Sitz des Senats und des Abgeordnetenhauses. Dort angekommen waren an diesem Abend endlich auch ein paar Leute unterwegs: ein Filmteam, Polizisten und Sicherheitsmänner, ein paar Passanten und eine leicht schräg anmutende junge deutsche Dame, die ihr Stofftier in allen möglichen Positionen vor dem Kapitol fotografierte. Naja. Zumindest führte ihre bis dato noch nicht enttarnte Nationalität dazu, dass meine nächste dezent abfällige Bemerkung („Können die Polizisten ihre blöde Dr***skarre nicht woanders abstellen!“; Anmerkung: Sie hatten mittig vor dem Kapitol geparkt!) wieder einmal nicht unbemerkt blieb. Zwar signalisierte sie, dass auch ihr kurz zuvor eben jener Gedanke durch den Kopf ging, allerdings schwor ich mir, diese Art der Wortwahl bis zur Beendigung der Reise vorerst aus meinem Vokabular zu verbannen. Sicher ist sicher! Aber nun ein paar Bilder:
Mit zum Teil abgefrorenen Fingern ging es nach der Foto-Session direkt zurück Richtung Hotel. Abendessen. Pennen.
Der nächste Morgen offenbarte, dass auch dieses Mal der Wetterbericht des Vorabends ganz gut ins Schwarze getroffen hatte. Zwar hingen noch ein paar Wolken am Himmel, doch insgesamt sah es sehr freundlich aus.
Und so machten wir einen Abstecher Richtung Washington Georgetown, einem nordöstlich der Mall gelegenen Stadtteil, der vor allem durch schnieke, wiederrum europäisch anmutende Häuser zu gefallen weiß und der direkten Zugang zum Wasser des Potomac River gewährt. Wie direkt dieser Zugang sein sollte, zeigte sich beim Blick auf die Uferpromenade. Diese war nämlich gerade im Begriff, überschwemmt zu werden.
(Von damals weiß ich, dass hinter der Betonkante zwischen Fluss und Pflastersteinen eigentlich noch ein Holzsteg liegt, der in der Regel nicht von Wasser bedeckt ist.)
Zwei amerikanische Damen (Mutter mit Tochter) ließen sich dennoch nicht beirren und fuhren kurzerhand mit ihren geliehenen Fahrrädern durch die Suppe durch. Dass sie mit der beträchtlichen Tiefe des Wassers in der Form nicht gerechnet hatten, offenbarten die geschockten Aufschreie der Beiden, als ihre Fahrräder bis an die Pedale in Wasser versanken und sie es mit nach oben gerissenen Beinen mit Mühe und Not durch die Überschwemmung schafften. Wie die Tochter es geschafft hat, mit der einen Hand ihr Handy zu retten und mit der anderen ihren (die Situation nicht gerade erleichternden) Mini-Rock in einer für sie halbwegs hinnehmbaren Position zu halten, weiß ich bis heute nicht. Klar ist nur, dass die beiden herzhaft über den Vorfall lachen konnten, als sie den ersten Schock überwunden hatten. Ein Foto oder gar ein Video zu machen schien mir nichtsdestotrotz dezent respektlos und so müsst ihr euch jetzt in etwa vorstellen, wie das Ganze ausgesehen haben konnte. Die Situation hatte auf jeden Fall belustigenden Charakter für alle Beteiligten.
Bevor ich jetzt noch groß erzähle, wie wir uns einen Gang durch die Plörre erspart haben, zeige ich einfach noch ein paar Bilder von Georgetown und gut is:
Da am Mittag die Sonne endgültig Oberhand über die Wolken gewann, ließen wir uns von der U-Bahn zur Mall zurückfahren, deckten uns wieder bei Starbucks ein und suchten uns eine freie Parkbank in der Mall. Sobald nämlich das Wetter einigermaßen mitspielt, kann man hier schön unzähligen Menschen bei noch unzähligeren Sportarten zuschauen und sich hierbei die Sonne auf den Pelz braten lassen.
Nach diesem entspannten Nachmittag und einem wiederholten Besuch bei der Burgerschmiede unseres Vertrauens blieb gerade noch Zeit, um ein wenig die Neuigkeiten aus Japan im Fernsehen zu verfolgen, bevor es Schlafenszeit war. Denn: in dieser Nacht wurde in Amerika die Zeit umgestellt und das hieß im Klartext, dass der nächste Flug noch eine Stunde früher von statten gehen würde.
Am nächsten Morgen stand also schon um 05:45 Uhr der Aufbruch zum Flughafen an, von dem es heute via Montréal nach Vancouver gehen sollte.
Aber dieser Abschnitt der Reise folgt im nächsten Bericht, heute Abend oder morgen.
Schöne Grüße,
Jonas!