Im Dreamliner durch Europa…es sollte nicht sein.Als erste Fluggesellschaft Europas stellte die polnische LOT im Dezember 2012 den Boeing 787 Dreamliner - das modernste Passagierflugzeug der Welt - in Dienst. Bevor der neue Typ jedoch in den Langstreckeneinsatz geht, setzt LOT ihr bestes Stück im Dezember 2012 und Januar 2013 auf innereuropäischen Flügen zwecks Crewtraining ein. Wie zahllose andere Enthusiasten auch, buchte ich schließlich einen solchen Dreamliner Flug um das erste überwiegend aus Kunststoff (Faserverbundwerkstoffen) bestehende Zivilflugzeug selbst zu testen. Als Highlights für den Passagier gelten die riesigen (auf Knopfdruck dimmbaren) Fenster, der höhere
(korrigiert, Danke) Kabinendruck, geringerer Geräuschpegel und eine neuartige Inneneinrichtung mit „Boeing Sky Interior“. Meine (eingeschränkte) Wahl des Flugtages fiel schließlich auf Mittwoch, den 19. Dezember 2012. Vormittags sollte mich LOT von DUS nach WAW bringen um nachmittags den Dreamliner Flug von WAW nach MUC zu erreichen. Für den Heimweg von MUC nach FMO entschied ich mich dann für OLT Express, da noch 49 EUR Tickets verfügbar waren. Die zu fliegenden Segmente für diesen Tag sahen also wie folgt aus (erstellt mit Dank an
http://www.gcmap.com):
Nach einem allzu frühen Wecker begann der Tagestrip am Münsteraner Hauptbahnhof mit einer Fahrt im EC 115 um via Duisburg per RE zum Düsseldorfer Flughafen Fernbahnhof zu gelangen. „Heute leider ohne Bordrestaurant“ sagt der Zugzielanzeiger – man bedenke, dass die Fahrtdauer bis zum Endziel Klagenfurt satte 13 Fahrstunden beträgt.
Zum Glück musste ich ja nur bis DUS wo ich kurz nach 08:00h die Sicherheitskontrolle im Terminal A passiert hatte.
LO 410 nach Warschau wurde an einem Busgate im Erdgeschoß abgefertigt. Ein Lufthansa A340 schaute von außen durchs Fenster.
Nach einer schönen Gratisrundfahrt vom Terminal A über Terminal B zum Vorfeld gegenüber Terminal C im verregneten DUS, bestieg ich meinen allerersten Embraer Flug überhaupt. Das Interior der eingesetzten E-170 gefiel mir auf Anhieb gut.
Ich nahm auf Sitz 18A Platz, hinter dem unmittelbar die Galley beginnt. Wenn man sich umdreht blickt man direkt auf Galley und Toilette:
Wer während Start und Landung Fotos machen will, sollte diesen letzten Platz auf der linken Seite auf jeden Fall vermeiden, da eine der beiden Flugbegleiterinnen direkt hinter einem sitzt. Ich zog daher kurz in Erwägung auf die andere Seite zu wechseln, dies wurde aber dadurch verhindert, dass besagte Flugbegleiterin die Sitze 18C und D kurzfristig zu ihrem persönlichen Cargo Compartment umfunktionierte.
Egal, links waren die Lichtverhältnisse ohnehin besser
Interessante Fensterform
Die moderne Kabine der 7,5 Jahre jungen Maschine:
Als nächstes stöberte ich etwas in LOTs Bordmagazin. Die Maschine in der ich sitze
und die Maschine in der ich auf dem nächsten Flug des Tages sitzen sollte
Dem Dreamliner waren viele Seiten im Magazin gewidmet – LOT ist sehr stolz auf ihre 787. Übrigens wurde selbst an Bord dieses Embraer 170 Fluges eine Ansage gemacht, in der darauf hingewiesen wurde, dass LOT ihren ersten Dreamliner übernommen hat und nun der erste europäische Betreiber ist.
Wird der Kaffee an Bord eigentlich wirklich mit diesem handelsüblichen Zeug gemacht?
Er schmeckte jedenfalls durchaus annehmbar. Es gab ein Brötchen mit Käse (keine Auswahlmöglichkeit), als Getränke entschied ich mich für Kaffee und O-Saft.
Anschließend wurde aus einem Korb der obligatorische Prince Polo Schokoriegel (der wohl auf keinem LOT Flug fehlen darf) verteilt.
Pünktlich kamen wir in WAW an, wo noch ordentlich Schnee lag.
Mein erster Flug mit einem Jet aus brasilianischer Produktion war vorbei. Ein letzter Blick auf meine Embraer 170 SP-LDI:
Schon während der Landung hatte ich einige Gates weiter aber bereits den Grund der Reise ausfindig gemacht. Da stand sie also, das Objekt der Begierde, angedockt an Gate 24. Der erste Boeing 787 Dreamliner Europas, LOTs SP-LRA:
Vielen gefällt die Nase der Maschine nicht – ich hingegen finde sie toll!
Alt trifft neu: LOTs Boeing 767-300ER SP-LPE in Star Alliance Lackierung rollt hinter der 787, von der sie bald abgelöst wird, vorbei.
Die zeitgemäße Luftseite des Terminals
Nun hatte ich keine vier Stunden mehr bis mein Flug mit dem Dreamliner starten sollte. Meiner Meinung nach leider etwas zu wenig um die Stadt zu besichtigen. Ich wollte aber wenigstens mal den Sicherheitsbereich verlassen um außerhalb etwas zu essen und vor dem Terminal etwas Warschauer Luft zu schnappen. Vor einem Hangar entdeckte ich auch dieses gute Stück – ich wette, das ist die LOT 767 die vor einigen Monaten die erfolgreiche Bauchlandung in Warschau hingelegt hat nachdem sich das Fahrwerk nicht mehr ausfahren ließ.
Eine unbekannte Hercules auf einem Zwischenstopp:
Und eine Horde weiterer Maschinen die sich scheinbar im Storage befinden: 1 x LOT ERJ-145, 4 x ERJ-145 der ukrainischen Dniproavia und eine weiße ATR-72 (vermutlich euroLOT).
Direkt neben dem Terminal parkte eingeschneit SP-LLC, die Boeing 737-400, die 2009 eine goldene Lackierung zum 80jährigen LOT Jubiläum erhielt.
Ein paar Stands weiter in der aktuellen LOT Lackierung parkte SP-LLF. Dieser Maschine sollte ich wenige Stunden später viel näher kommen als mir an diesem Tag lieb war…
Die Frontseite des Warschauer Terminals war komplett mit Dreamliner Werbung versehen.
Die Vorfreude auf meinen Flug mit dem Wundervogel stieg weiter. Ich kehrte zurück ins sicherlich heute nicht mehr ausreichend große Terminal.
Direkt daneben wird aber schon fleißig an einer Erweiterung gebaut. Obwohl ich am Vorabend online eingecheckt hatte, druckte ich mir an einem Check-In Automaten zusätzlich noch eine „richtige“ Bordkarte als Souvenir für meinen ersten 787 Flug aus. Zügig durchquerte ich die Sicherheitskontrolle („Shoes off“) und vertrieb mir die weitere Wartezeit in den Shops auf der Luftseite. LO 353 nach München nach wie vor geplant an Gate 24 wo nach wie vor der Dreamliner angedockt war.
Ich war natürlich auch bei weitem nicht der einzige der ununterbrochen aufgeregt Fotos von der Maschine machte, offensichtlich hatten auch viele andere Passagiere den Flug wegen des eingesetzten Musters gebucht. Aber dann passierte es:
Gatechange von 24 auf 41. Kein Zweifel was das bedeutete: FIASKO. Niederlage auf der ganzen Linie. Der ultimative SuperGAU. Der ganze Sinn des Trips verloren. Am LOT Transferschalter ließ ich mir den letzten Funken Hoffnung nehmen „No, it´s a 737-400“ – „Do you know what happened? Is it AOG?“ – „I don´t know“. Ich kehrte zurück zu Gate 24 wo mittlerweile Maintenance Staff damit begonnen hatte die Wassertanks des Dreamliners zu entleeren. Keine Frage – der Flieger war platt. Äußerst enttäuscht schrieb ich einem sehr guten Freund der mit seiner Freundin ebenfalls diesen Flug gebucht hatte eine SMS mit der bösen Botschaft. Wenig später trafen wir uns dann am Gate. Die beiden waren schon morgens mit dem ersten Swiss Flug aus ZRH gekommen (übrigens operated by OLT Express F100) und hatten den Tag in der Stadt verbracht. Wir machten uns also schließlich auf zum neuen Gate. Unter den dort anwesenden Passagieren waren auch mindestens drei Deutsche „Spaßflieger“ die offensichtlich ähnlich wenig amüsiert waren wie wir. Einen von ihnen hatte es aber ganz besonders hart getroffen. Er hatte nicht nur Business Class gebucht (und die 737-400 hat keine), nein, es war auch schon sein zweiter gescheiterter Versuch mit LOTs 787 zu fliegen! Nach einiger Wartezeit erreichten wir schließlich per Bus unsere Ersatzmaschine, die gut 15 Jahre alte Boeing 737-400 SP-LLF.
Der Sitzabstand war fürchterlich und die Sitze durchgesessen. Der größtmögliche Kontrast zu einer vier Wochen alten Boeing 787 könnte man sagen.
Nach einem sehr langen Aufenthalt am De-icing Pad (39 Min von offblock bis airborne) ging es dann endlich in die Luft Richtung München.
Der Service war quasi der gleiche wie vormittags. Allerdings war das Brötchen diesmal mit Wurst (und kurioserweise Möhrenscheiben) belegt, Vegetarier hätten also das Nachsehen gehabt. Prince Polo durfte als Snack natürlich wieder nicht fehlen und zur Feier des Wiedersehens zweier Freunde und zur Verdauung der Enttäuschung des Equipment Changes, entschieden wir uns als Getränk für ein lokales kaltes aus der Dose.
Die weitere Zeit wurde natürlich mit Gesprächen über luftfahrtbezogene und nicht-luftfahrtbezogene Dinge genutzt. Nach der Landung in MUC holten meine beiden Mitstreiter noch ihren Koffer ab, denn sie hatten sich für eine Übernachtung und einen weiteren Tag in München entschieden und flogen erst am Abend des folgenden Tages wieder zurück nach ZRH. Da zwischen den beiden Terminals ein ausgezeichneter Weihnachtsmarkt mit allem drum und dran inklusive Livemusik abgehalten wurde, hielten wir uns dort noch etwas auf um weiter zu plaudern und eventuell auch um noch einen Glühwein zu kosten. Schließlich musste ich aber meinen Weg ins T1 antreten und unsere Wege trennten sich. An die beiden: Es war eine große Freude und ein sehr angenehmer (zu kurzer) Nachmittag – vielen Dank dafür! Auch meine dritte Sicherheitskontrolle des Tages absolvierte ich ohne ein „Beep“. Zeit zum Boarden des letzten Flug des Tages.
Ich nahm meinen Platz 19F in der OLT Express Fokker 100 D-AFKB ein und konnte mich wenigstens am Blick dieses Rolls Royce Triebwerkes erfreuen:
Das Trent 1000 des Dreamliners wäre mir zwar lieber gewesen als dieses Tay 650, aber immerhin RR
. Kurz vor uns wurde auf der Nachbarposition die Schwestermaschine D-AOLG nach Saarbrücken gepusht.
Ein Blick in die zu ca. 30% besetzte Kabine. Diese Maschine ist über 18 Jahre alt, sieht aber deutlich besser aus als die drei Jahre jüngere LOT 737 auf dem Flug zuvor…
Beim üblichen OLT Express Service „Kekse oder Erdnüsse plus nichtalkoholisches Getränk“ entschied ich mich für die Nüsse und eine Cola Light.
Trotz starkem Gegenwind landeten wir rechtzeitig am FMO und kamen zwei Minuten vor Plan an der Parkposition zum stehen. Ein langer aber interessanter Flugtag ging zu Ende. Nichts konnte natürlich über die Enttäuschung des nicht stattgefundenen Dreamliner Fluges hinwegtäuschen, aber dennoch waren einige Ziele erfüllt worden: Mein erster Embraer Flug, mit WAW ein neuer besuchter Flughafen und natürlich das Treffen mit meinem Freund aus ZRH und seiner besseren Hälfte. Die Mission war also letztendlich trotz allem keineswegs umsonst!
Zuletzt geändert von AB6464 am 3. Jan 2013, 22:08, insgesamt 1-mal geändert.